Das Projekt „Hybride Lehre“ Digital Literacies, Streaming und Aufzeichnung von Lehrveranstaltungen

tl;dr*

Das von der RAG-Stiftung geförderte Projekt zu Digital Literacies für Lehrende sowie zum Streaming und zur Aufzeichnung von Lehrveranstaltungen läuft ab Herbst 2021 für zwei Jahre an der THGA Bochum. Ziel ist die Weiterbildung von Lehrenden und die Einrichtung eines medientechnischen Pilot-Hörsaals mit Anbindung an ein Videomanagementsystem für Live-Übertragunen und Aufzeichnungen von Lehrveranstaltungen.

Das Projekt

In nunmehr drei "Corona-Semestern" haben die Lehrenden und Mitarbeitenden der THGA neue Erfahrungen u. a. mit Videokonferenzen, dem Erstellen von Lehrvideos und den verschiedenen Werkzeugen der Lernplattform gemacht. Und es ist bereits jetzt absehbar, dass auch die folgenden Semester nicht in herkömmlicher Form durchzuführen sein werden: Selbst ohne Kontaktbeschränkungen und Hygienekonzepte hat die Hochschullehre während der Covid-19-Pandemie eine Entwicklung durchgemacht, die kaum zurückzudrehen ist.

Neben den von Lehrenden und Studierenden geäußerten Vorteilen - z.B. Vereinbarkeit von Familie, Studium und Beruf, die örtliche und zeitliche Flexibilisierung von Lehr- und Lernprozessen, die Dauer-Verfügbarkeit von Online-Lehrinhalten - sind auch die Nachteile von reiner Distanzlehre - z.B. schwarze Kacheln in Videokonferenzen, "Zoom fatigue", fehlende Rückkanäle, mangelnde Peer-Vernetzung - deutlich hervorgetreten.

Die Zukunft der Hochschullehre wird also aus vielen Gründen eine Mischung aus Präsenz- und Online-Lehre sein: Je nach Veranstaltungsart, Studienabschnitt, Lernziel und Inhalt werden unterschiedliche Abstufungen von Präsenz-, Hybrid-, Blended- und Distanzlehre zum Einsatz kommen. Diese kann aber nur mit einer gezielten Kombination von Didaktik und Technikeinsatz gewährleistet werden. Zu diesem Zweck startet im August 2021 an der THGA das Projekt "Hybride Lehre". Es hat eine geplante Laufzeit von zwei Jahren und wird von der RAG-Stiftung gefördert.

 

Teilprojekt 1: Digital Literacies

The explosive growth in use of digital technologies for learning has left subject disciplines, government agencies and many practitioners with a problem. First, what do they call these new skills that are evidently required to function adequately in today’s society? Second, how can these new skills be taught? And third, who is best placed to deliver these skills? Belshaw, Douglas A. J. (2012). "What is 'digital literacy'? A Pragmatic investigation".

Digital Literacies umfassen - je nach Standpunkt und Definition - Medienkompetenz, Mediendidaktik und anwendungsbezogene Fertigkeiten. Sie befähigen die Lehrpersonen unter den Bedingungen der Digitalität zu konstruktiver, kreativer und bewusster Gestaltung ihrer Lehre. Verschiedene Über- und Einblicke findet man u.a. hier, hier und hier.

"Digital Literacies" von Christian Friedrich, Quelle, CC-by-sa-4.0, Modifikationen durch den Autor.

In diesem Teilprojekt soll einerseits für die didaktisch-planerische Ebene vermittelt werden, wie verschiedene pädagogische Phasen der Lehre in passender medialer und digitaler Umsetzung (Videos, Dokumente, Kommunikationswerkzeuge, online organisierte Gruppenarbeit, Selbstüberprüfung, u.v.m.) für eine tlw. sehr heterogene Studierendenschaft abgebildet werden können: Mediendidaktik meint hier also die Betrachtung von „Bildungsanliegen und Bildungsproblemen […], die sich durch Einsatz von digitalen Medien einlösen / bewältigen lassen“ (Kerres & Preußler, 2012). Denn didaktische Szenarien müssen sorgfältig geplant werden, um einen Lernerfolg sicherzustellen.

Für die Umsetzung dieser Szenarien sollen Lehrende andererseits in anwendungsbezogenen Schulungen mit Möglichkeiten der IT-Systeme, spezifischer Software und Medienproduktionsprozessen vertraut gemacht werden, um die oben genannten didaktischen Überlegungen in ihrer Lehre praktisch anzuwenden: Die Menge an Werkzeugen und Möglichkeiten wächst stetig; auch an der THGA werden unter anderem eine Lernplattform mit einer Unmenge - teilweise in der Lehrendenschaft noch unbekannter - Tools, mehrere Videokonferenzsysteme, Cloudspeicher und Kommunikationswerkzeuge eingesetzt. Nur wenn diese bekannt und auf Basis mediendidaktischer Strategien ausgewählt werden, können sie auch sinnvoll eingesetzt werden.

 

Teilprojekt 2: Streaming und Aufzeichnung

Um die Übertragung (Livestreams) von Lehrveranstaltungen über das Internet zu realisieren, soll ein Vorlesungssaal der THGA mit einem Kamera- und Audiosystem ausgestattet werden, das auch Aufzeichnungen ermöglicht. Diese eröffnen wiederum neue didaktische Räume für das Lehrpersonal: Bei Szenarien wie dem „Inverted Classroom“ wird die Vermittlung der Lehrinhalte z. B. mittels Aufzeichnungen der Veranstaltungen aus den Vorsemestern in die Vorbereitungsphase der Studierenden verlegt, wodurch die wertvolle Präsenzzeit an der Hochschule zu gemeinsamen, interaktiven Vertiefungen genutzt werden kann.

Liveübertragung (Streaming) und Aufzeichnung von Lehrveranstaltungen. CC-by-sa-4.0.

Das Kamerasystem soll die Lehrperson mittels „Presenter Tracking“ (kamerabasierte oder über strategisch verteilte Mikrofone realisierte Bewegungserkennung) automatisch erkennen und im Raum orten. Dabei sollen mehrere Kameras verschiedene Vortragspositionen (z. B. Pult, Tafel, weitere) abdecken. Lehrende können sich so frei im Raum bewegen, ohne den Kamerawinkel zu verlassen, wie es bei fest installierten Gerätekameras häufig der Fall ist.

Kombiniert mit dem Bildschirm- oder Projektionsinhalt bei eingesetzten digitalen Präsentationen sollen alle Signale (Kamerabilder, Audiosignal, Präsentation) gebündelt über eine bereits etablierte Videokonferenztechnik ins Internet übertragen und von einem Distanz-Auditorium empfangen werden können. Die Qualität der Übertragungssignale wird so deutlich besser sein, als es bisher mit der nur rudimentär vorhandenen Technik der Fall ist.

Die optionalen Aufzeichnungen von Kamerabildern, Audiosignalen und Präsentationsinhalten sollen auf entsprechender Server- und Speicher-Infrastruktur abgelegt und bearbeitet (gekürzt, geschnitten, mit Beschreibungen und Kapitelmarken versehen) werden können. Außerdem sollen sie auf der Lernplattform der THGA für Studierende freigegeben werden können. Da es sich bei Videoaufzeichnungen um sensibles Datenmaterial handelt (unter anderem sind das „Recht am eigenen Bild“ gem. §§22ff., §33 KunstUrhG und die „Vertraulichkeit des nicht-öffentlich gesprochenen Wortes“ gem. §201 StGB berührt), muss der Zugriff über ein entsprechendes Rollen- und Rechtemanagement eingeschränkt werden und setzt eine Authentifizierung über den zentralen IT-Verzeichnisdienst der THGA voraus.

 

 

Förderung

Die privatrechtliche RAG-Stiftung wurde 2007 gegründet. Seit Anfang 2019 übernimmt sie die Finanzierung der sogenannten Ewigkeitsaufgaben des deutschen Steinkohlenbergbaus an Ruhr, Saar und in Ibbenbüren. Mit zahlreichen Projekten in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur setzt die Stiftung zudem positive Signale in den ehemaligen Bergbauregionen.

Die RAG-Stiftung fördert das Vorhaben mit den Themenschwerpunkten Mediendidaktik und Medientechnik mit rund 300.000 Euro. Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied des Vorstands der RAG-Stiftung und Hochschulratsvorsitzende zur Förderung:

„Die THGA hat bereits vor einigen Jahren erkannt, dass an einer modernen Hybridlehre, einer Mischung aus Präsenz- und Online-Formaten, kein Weg vorbeiführt und man nun noch viel stärker als bisher darauf setzen muss. Mit diesem richtungsweisenden Projekt wird die THGA ihrer Tradition als Aufsteigerhochschule gerecht. Gerade, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Studium geht, sind hybride Formate und die Flexibilität, die sie mit sich bringen, unabdingbar und ein bedeutender Schritt in die Zukunft“.

 

 

Offene Hochschule meint auch: Offene Inhalte

Auf Basis mediendidaktischer und konkret anwendungsbezogener Überlegungen soll eine Sammlung von erprobten Lehr-Lern-Szenarien entwickelt werden, die in Form von „Best Practices“ allen Lehrenden und Mitarbeitenden der THGA zur Verfügung gestellt wird. Diese Szenarien sollen so aufbereitet und mit konkreten Beispielen aus dem Fächerkanon der THGA unterfüttert sein, dass sie mit überschaubarem Transferaufwand auch auf andere Lehrveranstaltungen übertragen werden können.

Auch zu den (medien-)didaktischen und anwendungsbezogenen Schulungsinhalten und zur Nutzung der Streaming- und Aufzeichnungstechnik sollen Online-Kurse erarbeitet und veröffentlicht werden.

Diese Online-Ressourcen dienen nicht nur als Basis für die Weiterentwicklung der Hybriden Lehre an der THGA, es soll auch ein öffentlicher Zugriff für Nicht-Hochschulangehörige und eine Weiterverwendung mittels freier Lizenzen als „Open Educational Resources“ (vgl. UNESCO) ermöglicht werden.

Projektfortschritt

Über den Fortschritt des Projektes werden wir auf unterschiedlichen Kanälen berichten. Eine Pressemitteilung berichtet über Umsetzung und Fertigstellung der medientechnischen Ausstattung, weitere Informationen und Details zum Funktionsumfang finden Sie hier.

Außerdem gibt es natürlich verschiedene Partizipationsmöglichkeiten für interessierte Lehrende und Mitarbeitende:

  • Fortbildungen zu Mediendidaktik und Anwendungen
    • abgeschlossen:
      Fortbildungen im Sommersemester 2022 zu E-Learning (Materialsammlung und weiterführende Quellen: https://moodle.thga.de/ELearning) und Mediendidaktik (Materialsammlung und weiterführende Quellen: https://moodle.thga.de/Mediendidaktik)
    • abgeschlossen:
      Fortbildungen im Wintersemester 2022/2023 zu Audience Response Systems (Materialsammlung und weiterführende Quellen: https://moodle.thga.de/ARS) und zu Didakischem Design (Materialsammlung und weiterführende Quellen: https://moodle.thga.de/Didaktik)
    • abgeschlossen:
      Veranstaltungen im Sommersemester 2023 zu künstlicher Intelligenz in der Hochschullehre (s. auch Debatten- und Hintergrundbeitrag hier) und zu Vermittlung von Inhalten: Methodenkoffer und Tools
    • geplant:
      Einführungen zur neuen Moodle-Version (dann: v4.x) zum Ende des Sommersemesters 2023 im Verlauf des Wintersemesters 2023/24
  • Mitarbeit an und Fortbildungen zur Medientechnik und zu hybriden Lehr-Lern-Settings
    • abgeschlossen:
      Erhebung von Lehrendenanforderungen an eine medientechnische Raumausstattung via User Stories: https://moodle.thga.de/HybrideLehre#section-1
    • abgeschlossen:
      Möglichkeit zur Mitarbeit in einer Pilotgruppe zum Test verschiedener medientechnischer Bestandteile und Aufzeichnungstechnologien: https://moodle.thga.de/HybrideLehre#section-2
    • abgeschlossen:
      Videoanleitungen zur weitestgehend fertiggestellten Ausstattung: https://elmo.thga.de/medientechnik/
    • abgeschlossen:
      individuelle Workshops zur Nutzung der neuen Medientechnik
    • abgeschlossen:
      Online-Anleitungen zur Nutzung des Videomanagementsystems "Panopto" für Live-Übertragungen und Aufzeichnungen

Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich gerne an die Koordinierungsstelle E-Learning.

Der Artikel "Das Projekt 'Hybride Lehre'" von Martin Smaxwil ist lizenziert unter einer CC-by-sa-4.0-Lizenz. Details dazu finden Sie unter https://moodle.thga.de/licensing.
Das Beitragsbild basiert auf "THGA Hauptgebäude 2016" von Uwe Rohwedder, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:THGA_Hauptgebäude_2016.jpg, CC-by-sa, Modifikation durch den Autor.

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